Abel Tiffauges, ein großer, kräftiger Automechaniker mit einem Gesicht, das derart abstoßend und häßlich ist, daß er selbst es am liebsten die Toilette hinunterspülen möchte, ist einerseits ein scheinbar tumber, grobschlächtiger Außenseiter (ein “Monstrum”) mit einer derben, animalischen Körperlichkeit, andererseits ein in sich gekehrter, anarchisch-dämonischer Existenzphilosoph mit ausgeprägtem Sinn für das Schöne, dem vor der Nichtigkeit des Daseins graut.

Geprägt durch seine Schulzeit in einem streng katholischen Internat, das mit harter, geradezu sadistischer Hand geführt wurde, ist er mehr oder weniger ein Pädophiler (oder zumindest eine seltene Sonderform davon), der entdeckt, daß ihm das Heben und Tragen von kleinen Jungen euphorische, ekstatische Glücksgefühle verschafft.

1940 gerät er in deutsche Kriegsgefangenschaft und wird nach Ostpreußen verschickt, wo er Bekanntschaft mit zwei “Ogern” macht: Der eine ist Hermann Göring, der am Reichsjägerhof Rominten Treibjagden und Trinkgelage veranstaltet, der andere der SS-Mann Raufeisen, Herr von Schloß Kaltenborn, einer fiktiven Napola-Schule, in der eine “reinrassige” Krieger-Elite herangezüchtet werden soll. Tiffauges, selbst eine ausgesprochen “un-arische” Gestalt, wird nun zum von seiner “phorischen Sehnsucht” geblendeten “Erlkönig” oder Christophorus, der blonde Jungen zwecks Zwangsrekrutierung in das SS-Schloß entführt, während die Rote Armee unerbittlich vorrückt und die ostpreußische Apokalypse bevorsteht.

Der eigentliche “Oger” ist am Ende der “Führer” oder der Nationalsozialismus selbst, gezeichnet als verführerisch schillernder Todeskult, der die Idee der Unschuld zur Idee der “Reinheit” pervertiert hat und seine Jugend in den Fleischwolf des Krieges treibt. Tournier (1924-2016) war ein glühender Germanophiler im Stile der Madame de Staël, der zwar wußte, daß im Nationalsozialismus viel deutsche Romantik steckte, aber auch, daß Deutschland und die deutsche Romantik mehr sind, viel mehr sind als der Nationalsozialismus.