Hans Freyer (1878-1969) ist einer der wirkungsmächtigen Philosophen und Soziologen des letzten Jahrhunderts: er war der erste Inhaber eines deutschen Lehrstuhls für Soziologie (Leipzig). Professor in Kiel, Leipzig, Budapest, Münster und Ankara. Schöpfer des "realistischen Staatsbegriffes", der durch Gemeinwohl, langfristige gesellschaftliche Entwicklungsperspektiven und Legitimität definiert wird. In Budapest (1938-1945) verfasste er die "Weltgeschichte Europas", eine Epochengeschichte der abendländischen Kultur. Nach dem Krieg wieder nach Leipzig berufen, wurde er nach einem von Lukács initiierten ideologischen Streit entlassen: fortan konzentrierte er sich auf die Erforschung des Übergangs der modernen Industriegesellschaft zur weltweit umklammernden wissenschaftlich-technischen Rationalität.

Das Werk gibt einen hochkonzentrierten Abriß utopisch-politischen Denkens und schildert die Entwürfe von Platon, Thomas Moore, Campanella, Bacon, Andreae, Fénelon und Fichte, bis zu den weniger Bekannten: Vairasse, Foigny Terasson, Mercier, Morelli, Cabet und Bellamy. Die Darstellung verschafft einen Überblick über dieses Kapitel der Ideengeschichte; sie durchdringt auch die Eigengesetzlichkeiten und Logik utopischen Denkens, wie Geschlossenheit, Ungeschichtlichkeit und "prophetischen Bruch". Freyers Utopiebegriff steht im Gegensatz zu dem von Ernst Bloch; dieser wurde ihm auch 1948 für den Leipziger Lehrstuhl vorgezogen.


Die Herausgeberin Dr. Elfriede Üner leitete das Projekt "Wirkungsgeschichte der Soziologie Hans Freyers" (Fritz-Thyssen-Stiftung) an der Leipziger Universität.